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Das Sauerland und der Borkenkäfer –Wie geht die Region damit um?

Ein Baum, der von dem Borkenkäfer befallen ist.

Ein Baum, der vom Borkenkäfer befallen ist. Sichtbar wird der Befall durch die dunkle Rinde am Baum, die abfällt. Bildquelle: Norbert Kohnen, Förster bei Wald und Holz NRW 

Im Sauerland ist der Borkenkäfer so verbreitet wie sonst in kaum einer anderen Region in Deutschland. Dadurch sind viele kahle Flächen entstanden, die jetzt wieder aufgeforstet werden müssen. Deshalb befindet sich der Wald gerade in einer Zeit des Wandels. Besonders interessant dürfte das für euch, die Waldnutzenden, sein.

Beginnen wir von vorne. Es ist 2018, der Sturm Friederike zieht durch Deutschland. Er lässt vor allem eines zurück: Verwüstung. Auch das Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde von dem Sturm getroffen. Danach waren dort die Witterungsverhältnisse vor allem für einen besonders attraktiv: den Borkenkäfer. Dieser hat die Situation natürlich ausgenutzt. Der Schädling hat die Bäume im Sauerland befallen und sich dort rasant verbreitet. Doch was wurde und wird heute noch weiterhin gegen den Borkenkäfer in der Region unternommen?

Maßnahmen gegen den Borkenkäfer

Für Orte wie Schmallenberg, die im Sauerland liegen, spielt der Wald eine sehr große Rolle. Fast 60 Prozent der Fläche dort besteht aus Wald, so der Förster Norbert Kohnen. Im Sauerland überwiegt eine Baumart: die Fichte. Diese Nadelbäume sind vor allem windwurf- und schädlingsanfällig. Zusätzlich konnte sich der Schädling in den Fichten-Monokulturen schnell verbreiten. Um dem Einhalt zu gebieten, müssen die betroffenen Flächen abgeholzt werden. Die Folge sind viele Kahlflächen, die nun wieder aufgeforstet werden müssen. Damit der Borkenkäfer dieses Mal kein leichtes Spiel hat, wollen Förster vor allem Mischwald pflanzen. Das heißt, der Wald wird vielfältiger. Laut Kohnen müssen jetzt die Fichtenwälder in Laubwälder umgewandelt werden. Auch in den Privatwäldern setzen die Waldbesitzer eher auf klimaresistente Bäume. Dazu zählen Bäume wie die Lärche oder die Esskastanie. 

Kahlflächen im Sauerland. Bildquelle: Norbert Kohnen, Förster bei Wald und Holz NRW 

Positive Aussichten

Es gibt gute Neuigkeiten, denn Norbert Kohnen sagt: „Der Borkenkäfer wird schon in diesem Jahr, 2024, deutlich weniger werden”. Generell habe sich alles sehr positiv entwickelt, so der Förster weiter. Am Anfang habe man noch kein Ende gesehen und nur  gearbeitet. Letztendlich haben sich die ergriffenen Maßnahmen ausgezahlt. Viele Fichten wurden abgeholzt, dadurch sind aber auch die meisten Borkenkäfer weg, so Kohnen. Am Anfang sah das sehr brutal aus, erinnert sich Kohnen. Kahle Hänge, keine Bäume. Doch mittlerweile werden die kahlen Flächen wieder grün, die Himbeere und Gräser kommen. Jetzt sehe das Ganze schon gar nicht mehr so schlimm aus wie zu Beginn, sagt Kohnen. Durch liegen gebliebene Samen, kommt es allmählich zu einer natürlichen Wiederbestückung des Waldes. Die Natur heilt sich teilweise von selbst.

Eine Pflanzaktion mit Bürgern. Es handelt sich um ein Waldprojekt von dem Stadtförster Schmallenbergs Christian Bröker. Bildquelle: Nicola Wettmarshausen 

Alles eine Sache des Borkenkäfers oder des Klimawandels?

Die Frage, die sich trotz allem stellt: War der Borkenkäferbefall eine einmalige Sache? Oder steckt hinter dem Ganzen doch mehr? Sabine Risse, Themenmanagerin im Bereich Wandern vom Sauerland-Tourismus e.V. erinnert sich an den Sturm Kyrill im Jahr 2007.  Auch damals sind vor allem Fichten vom Sturm umgeworfen worden. Große Bereiche sind mittlerweile wieder aufgeforstet worden, es gibt aber auch Bereiche, die sich selbst überlassen wurden. Die Fichte ist ein Flachwurzler. Das hat sie sehr anfällig bei dem Sturm gemacht. Laut Kohnen hätte man die Fichte früher oder später ohnehin ersetzen müssen. Denn „man muss sich anpassen“, ergänzt er. Schlussendlich wurde dieser Prozess durch den Borkenkäfer lediglich beschleunigt.

„Nach der Krise ist vor der nächsten Krise: Wir wissen nur nicht, was da kommt bzw. welche Baumart (z.B. die Rotbuche) dann dran ist.“  

Norbert Kohnen

Rüdiger Grebe ist Wanderexperte. Er selbst hat mehrere Wanderwege im Sauerland mitgestaltet. Der Wanderexperte sieht die Thematik ähnlich wie der Förster.  Für ihn ist nicht der Borkenkäfer die Ursache. Er ist nur ein Symptom. Im Klimawandel liegt der wahre Ursprung des Problems.

Chancen, die entstanden sind

Doch sowohl der Förster Kohnen, als auch der Wanderexperte Grebe und Risse vom Sauerland-Tourismus e.V. sehen vor allem die Chancen, die der Borkenkäferbefall mit sich gebracht hat. Durch die abgeholzten Gebiete sind Flächen entstanden, die vor allem in den nächsten 20 bis 30 Jahren interessant sind, weil sie jetzt offen sind, so Norbert Kohnen. Laut ihm seien neue Wege möglich und neue Pflanzen werden kommen. So können die Kahlflächen zu Chancen werden. Der Raum für etwas neues ist da. Man kann mit anderen, klimaresistenteren Baumarten operieren, denn „der Klimawandel ist ja da, es wird trockener werden“, so der Förster.

Wie geht es dem Tourismus?

Das Sauerland ist schon lange eine touristische Region. Besonders beliebt sind der Wintersport, das Wandern und Radfahren. „Wandern war immer schon ein gutes und attraktives Thema für uns“, so die Themenmanagerin im Bereich Wandern Risse. Ihr zufolge hat sich nicht der Tourismus durch den Befall des Borkenkäfers verändert, sondern vor allem die Landschaft. Allerdings nicht nur zum Negativen, erklärt sie weiter, denn die Fichtenwälder seien ohnehin nicht die attraktivsten Wälder: sie sind oft dunkel und düster. Jetzt, da die meisten Fichten weg sind, hat das Sauerland ein komplett neues Landschaftsbild bekommen. Ebenso wie Kohnen bestätigt auch Risse, dass es schon wieder relativ grün im Sauerland geworden ist. Negatives Feedback von Touristen höre sie kaum. Da sich die Borkenkäferplage zum Teil mit der Corona-Pandemie überschnitten hat, geht Sabine Risse davon aus, dass vor allem die Pandemie die Übernachtungstouristen ferngehalten hat. Inzwischen erreichen die Gästezahlen aber fast wieder das Niveau vor der Pandemie.

Was macht einen guten Wanderweg überhaupt aus?

Laut dem Wanderexperten Rüdiger Grebe hat der Wanderer bestimmte Wünsche. Dazu zählt ein vielfältiger Wald, wie er nun bei der Wiederaufforstung entstehen soll. Grebe meint, die Waldästhetik und der Erlebniswert des Waldes spielen eine große Rolle für Wanderer. Diese Faktoren hat ein Wald, wenn er eine hohe Artenvielfalt aufweist: viele verschiedene Baumarten, Sträucher und Kräuter aller Altersstufen und Höhen. Wenn der Wanderer in den Wald eintauche, dann wolle er abgelenkt werden, so der Wanderexperte. Raus aus dem Alltag undeins mit der Natur werden.

Wie sieht es mit den Wanderwegen im Sauerland aus?

Durch die vielen abgeholzten Fichten „ergab sich ein Bild, das für den Wanderer eigentlich nur schrecklich war, teilweise ist das noch so in manchen Regionen“, so Grebe. Aber jetzt komme eine ganz interessante Phase: „Es ist unvorstellbar, wie schnell sich die neue Vegetation ausbreitet“. Auch er sieht, dass es mittlerweile eine vielfältige Vegetation gibt. Der Wanderer werde Zeuge, wie sich die Natur selbst helfe, ergänzt Grebe.

Natürliche Wiederbewaldung im Sauerland. Bildquelle: Sabeth Wollinger 

Natürlich gibt es noch immer einige kahle Stellen im Sauerland. Die Natur braucht ihre Zeit, um sich zu erholen. Aber das Wichtigste ist, sie wird sich erholen. Das Bild von dem total kahlen, traurigen Wald ist längst überholt. Die Vegetation kommt zurück. Die ersten Pflanzen blühen schon wieder. Zu guter Letzt auch wegen des Kampfgeistes der Sauerländer, den Kohnen so beschreibt: „Der Sauerländer ist so ein Typ – der steckt den Kopf nicht in den Sand, sondern sagt: nützt nix, hingefallen, aufstehen, Kopf schütteln, Krönchen richten, weiterlaufen. Wir packen die Sache jetzt an und machen das anders!“

Zum Abschluss haben wir noch einen kleinen Tipp für euch zum Wandern im Sauerland. Eine Empfehlung von unserem Wanderexperten Rüdiger Grebe ist der Wittgensteiner Schieferpfad. Das Besondere an dem Pfad ist, dass Grebe als ehemaliger Lehrer diesen Weg zusammen mit seinen Schülern und Kooperationspartnern selbst gestaltet hat. Grebe legt den Wanderern ans Herz, offen und aufgeschlossen für neue Situationen zu sein und die Natur auf sich wirken zu lassen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Wandern im Sauerland. 

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Es gibt noch immer kahle Flächen im Sauerland. Wie würdest du diese gestalten, wenn du die Chance dazu hättest?



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